Tödliche Gefahren durch Windkraftwerke? Wo die Gegner falsch liegen
Die Diskussion um die Nutzung der Windenergie in den Kantonen St.Gallen und beiden Appenzell kommt zurzeit richtig in Fahrt. Ein paar gegnerische Argumente gehören allerdings zurechtgerückt.
Gastbeitrag «Die Ostschweiz» am 13. Februar 2024
Text: Valentin Gerig*
· Windenergie ist eine erneuerbare und saubere Energiequelle, die vor allem im Winter Strom liefert und die Wasserkraft und Solarenergie ergänzt. Entsprechende Anlagen haben geringe Auswirkungen auf die Umwelt, die Landschaft und die Gesundheit der Menschen, wenn sie an geeigneten Standorten gebaut und betrieben werden
· Windenergieanlagen werden gefördert, aber nicht von den Steuerzahlern, sondern über die Stromrechnung. Die Investoren sind oft lokale Elektrizitätswerke oder Bürgerprojekte
· Windkraft beansprucht nur temporär Flächen, die nach dem Rückbau wieder aufgeforstet werden, und kann sogar zu einer höheren Biodiversität beitragen. Die Anlagen sind von nationalem Interesse und werden von den Kantonen in ihren Richtplänen festgelegt, unter Berücksichtigung anderer Bundesinteressen und der Akzeptanz der Bevölkerung
Gegnerinnen und Gegner der Nutzung von Windkraft sprechen immer wieder von «satten Gewinnen» für Investoren. Warum erwähnen sie nicht die Risiken, die diese zu übernehmen bereit sind, um einen Beitrag zur Versorgungssicherheit, zur Energiewende und zur Erreichung der Klimaziele zu leisten?
Wer sind denn diese Investoren? Bei den meisten Windenergieprojekten handelt es sich um Elektrizitätswerke, die im Besitz von Kantonen und Gemeinden sind, also der Bevölkerung. Nicht jedoch in Oberegg/AI. Dort entsteht ein echtes Bürgerprojekt: Knapp 200 Personen unterstützten die bisherige Projektentwicklung direkt oder über die Genossenschaft Appenzeller Naturstrom mit mehr als 800'000 Franken. Das Projekt geniesst in der Region eine hohe Akzeptanz, wie eine kantonale Volksabstimmung 2021 deutlich gezeigt hat.
Staatliche Förderung der Windenergie
Windenergieanlagen werden gefördert, aber nicht mit Subventionen, die über Steuergelder aufgebracht werden. Die Förderung neuer Projekte besteht aus einem einmaligen Investitionszuschuss. Dieser wird von den Stromverbrauchern über die Stromrechnung finanziert.
Genauso werden Photovoltaikanlagen gefördert. Hierzulande rechnen sich diese ohne Fördergelder nicht. Wer die Investoren von Windenergieanlagen also der «Subventionshascherei» anklagt, stellt zugleich alle jene an den Pranger, die in bester Absicht eine Solaranlage auf ihrem Dach montieren.
Zuerst der Ausbau der Wasserkraft
Die Schweiz ist ein Wasserkraftland. Das Ausbaupotenzial der Wasserkraft reicht aber bei weitem nicht aus, um den steigenden Strombedarf zu decken und Kernkraftwerke zu ersetzen. Reicht die Wasserkraft nicht aus, muss man ergänzend auf andere Optionen greifen, sonst wird’s dunkel.
Eine weitere heimische Möglichkeit ist die Windenergie. Die dafür eingesetzten Technologien sind effizient, sicher, brauchen kaum Land, hinterlassen keine Sonderabfälle. Es gibt sogar Leute, die meinen, Windenergieanlagen passten gut in die hügelige Ostschweizer Landschaft und seien sichtbare Zeichen von Modernität und Nachhaltigkeit.
Natürlich wollen wir nicht 1000 Windkraftwerke. Solche Äusserungen von Gegnern, Vertretern der Strombranche oder übereifrigen Befürwortern der Windkraft sind nicht ernst zu nehmen. Wo was gebaut wird, entscheidet immer noch das Volk.
Lärm, Schattenwurf, Infraschall…
Lärm, Schattenwurf, Infraschall und Eiswurf sind oft gehörte Kritikpunkte im Zusammenhang mit Windkraftanlagen, sogenannten Windrädern. Sie sind ernst zu nehmen, und alle Massnahmen sind zu ergreifen, damit die Immissionsvorschriften eingehalten werden.
Ist dies der Fall, muss es dann aber auch gut sein. Es gibt keinen Platz für aussichtlose Einsprachen und Verzögerungstaktiken. Diese sind eine Gefahr für die Allgemeinheit. Ob die Gegner der Windkraft gute Demokraten sind, wird die nahe Zukunft zeigen.
Windenergieanlagen müssen den Lärmvorschriften genügen. Ein Abstand von circa 300 Metern zu bewohnten Gebäuden reicht dazu in der Regel aus. Dies wird im Rahmen der Projektentwicklung mit speziellen Schallgutachten untersucht. Werden die strengeren Grenzwerte in der Nacht nicht eingehalten, müssen die Anlagen reduziert betrieben oder ausgeschaltet werden. Dafür sind moderne Anlagen ausgerüstet.
Schatten und Reflexionen
Ja, das Rotieren der Windräder kann einen lästigen Schatten oder Reflexionen verursachen. In der Schweiz gibt es dazu keine Vorschriften, deshalb werden oft jene von Deutschland angewendet: An einem Immissionspunkt (beispielsweise Gartenterrasse oder Wohnzimmerfenster) ist der Schattenwurf auf maximal acht Stunden pro Jahr und maximal 30 Minuten pro Tag zu begrenzen.
Die Windenergieanlagen sind so zu programmieren, dass die Grenzwerte bei allen relevanten Gebäuden eingehalten werden. Sonst ist abzuschalten. Solche Abschaltungen werden als «Produktionsverluste» in der Wirtschaftlichkeitsrechnung von Beginn an berücksichtigt und liegen bei circa einem Prozent der möglichen Stromproduktion.
Auch die Gefahr des Eiswurfs ist ein oft gehörter Kritikpunkt. Bildet sich auf einem Rotorblatt Eis, und beginnt es zu drehen, könn(t)en die Eisklumpen mehrere Hundert Meter weit geschleudert werden. Selbstverständlich muss für die wenigen Eistage zur Verhinderung von Personen- und Sachschäden eine Rotorblattheizung installiert werden. Unterstellt man den Projektanten und Betreibern wirklich, dass sie den Verlust von Menschenleben in Kauf nehmen? Wegen einem Enteisungssystem zum Preis von etwa 60'000 Franken pro Anlage?
Emotional und mit grosser Verbissenheit
Um das Thema Infraschall wird ebenso emotional und mit grosser Verbissenheit gestritten: Infraschall ist Schall, der so tief ist, dass er unterhalb der menschlichen Hörschwelle liegt. Er tritt auf bei Gewittern und Wind oder wird beispielsweise durch Züge, Autos, Heizungen, Kühlschränke und so weiter verursacht. Oder sogar vom Schnarchen des Bettnachbarn und ja, auch von Windenergieanlagen.
Wissenschaft, Behörden und Gerichte sind sich aber einig: Der von Windenergieanlagen verbreitete Infraschall hat keine schädlichen Auswirkungen auf Wohlbefinden und Gesundheit des Menschen. Andere glaubhafte Studienergebnisse konnten von den Windenergiegegnern bisher nicht vorgelegt werden.
Material und Entsorgung
Zum Material: Die Rotorblätter von Windenergieanlagen bestehen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen, kohlefaserverstärkten Materialien und Stützelementen aus Balsaholz, die mit Epoxidharz verklebt werden. Nach dem Rückbau verschwinden sie heute oft in Deponien (vor allem in den USA) oder werden verbrannt. Mit wachsender Anzahl zurückgebauter Rotorblätter – allein in Europa sind es 2023 circa 14‘000 – wird es interessanter, chemische oder thermische Verfahren zu entwickeln, um die Verbundwerkstoffe wieder zu trennen.
Es entsteht ein Recyclingmarkt, weil auch dieser Abfall letztlich werthaltig ist. Bis unsere Ostschweizer Anlagen in 30 und mehr Jahren ausser Betrieb gehen, wird es definitiv bessere Lösungen geben als das Verbrennen.
Verlust an Kulturland und Waldflächen
Das Fundament einer Windenergieanlage misst circa 22 Meter im Durchmesser und ist aus Beton. Die damit beanspruchte Fläche ist etwa 380 Quadratmeter gross. Selbst mit «Umschwung» ist der Landverbrauch einer Windenergieanlage vergleichbar mit dem eines Einfamilienhauses.
Mit einer Anlage lassen sich circa acht bis neun Millionen Kilowattstunden erneuerbarer Strom ins Stromnetz einspeisen. Die Bilanz: Die Fläche eines Einfamilienhauses für die Versorgung von 2’900 vierköpfigen Familien mit erneuerbarem Strom.
Natürlich müssen die Fundamente nach Betriebsende zurückgebaut werden. Welcher Landeigentümer würde einem Investor sein Land im Wissen darum überlassen, dass er dieses nach Ablauf des Baurechts mit einem riesigen Betonklotz zurücknehmen muss? Die Betreiber werden häufig verpflichtet, das für den Rückbau notwendige Geld von Beginn an nachzuweisen oder während der Betriebsphase zurückzustellen.
Argumente für Windenergie im Wald
Windenergieanlagen im Wald? Ja, gerne! Zwischen 1977 und 2020 hat sich der Wald in der Schweiz im Durchschnitt um 3‘400 Hektaren pro Jahr ausgedehnt (zum Vergleich: Der Zugersee misst 3‘841 Hektaren). Wird eine Windenergieanlage im Wald gebaut, sind «definitiv» gerodete Waldflächen an einem anderen Ort 1:1 aufzuforsten.
Rodungen haben durchaus den Vorteil, dass mit der Aufforstung eine höhere Biodiversität und geeignete Habitate für Fledermäuse, Vögel und Wildtiere geschaffen und Bäume gepflanzt werden können, die den zunehmend trockenen Sommern besser zu trotzen vermögen. Zudem stehen nach dem Bau der Windenergieanlagen Walderschliessungstrassen zur Verfügung, die eine effizientere Waldnutzung ermöglichen als vorher.
Werden die Anlagen zurückgebaut und die beanspruchte Fläche wieder aufgeforstet, wird – zusammen mit dem Realersatz beim Bau der Anlage – der Waldbestand letztlich sogar vergrössert. All das ist lediglich eine Frage des betrachteten Zeitraums. Betreiber von Windenergieanlagen «leihen» sich die beanspruchten Flächen nur temporär aus. Sie sind keine Diebe an der Natur.
Vieles spricht für eine Nutzung der Windenergie
Im Ergebnis spricht viel für die Nutzung der Windenergie an passenden Standorten, auch in den Kantonen St.Gallen und beiden Appenzell. Passend heisst in diesem Fall: Es weht ausreichend Wind für ein wirtschaftliches Projekt, die massgebenden Immissionsvorschriften werden eingehalten, und das Projekt wird von der Mehrheit der Bevölkerung getragen.
Es ist Aufgabe der Behörden, günstige Voraussetzungen für solche Projekte zu schaffen und Aufgabe der Projektanten, alle Vorgaben einzuhalten und auch die Bevölkerung an der Wertschöpfung zu beteiligen. Das Projekt in Oberegg/AI scheint mir ein Musterbeispiel dafür zu sein. Wenn es solche auch anderswo in der Ostschweiz gibt, freue ich mich.
Newsmeldung 1. Dez. 2023
Öffentliche Informationsveranstaltung zum Kantonalen Nutzungsplan
Windenergieanlage Honegg
Am 30. November 2023 fand in Oberegg eine Informationsveranstaltung zum Windenregieprojekt Oberegg und zum Nutzungsplanverfahren statt.
Bauherr Ruedi Ulmann und Walter Grob, Leiter des Amtes für Raumentwicklung konnten rund 130 Personen im Vereinssaal in Oberegg begrüssen. Sie orientierten über den Stand und das Nutzungsplanverfahren. Werner Geiger, Verwaltungsrat der Appenzeller Wind AG stellte den aktuellen Projektstand dar.
Das interessierte Publikum stand dem Projekt grossmehrheitlich positiv gegenüber. Kritische Fragen bezogen sich vor allem auf Themen wie Infraschall, die Beeinträchtigung von Quellen oder Schattenwurf.
Ab Montag, 4. November können die Unterlagen zum Nutzungsplan auf der Homepage des Baudepartements heruntergeladen werden.
Bis zum 10. Januar 2024 läuft das Mitwirkungsverfahren, bei dem die Bevölkerung an das kantonale Baudepartement Eingaben zum geplanten Windenergieprojekt machen kann. Voraussichtlich im April 2024 werden dann die angepassten Unterlagen zum Nutzungsplan öffentlich aufgelegt.
Appenzeller Wind AG
Wiesstrasse 13 │ 9413 Oberegg
Die Appenzeller Wind AG mit Sitz in Oberegg plant im Gebiet Honegg/Oberfeld zwei Windenergieanlagen mit rd. 200 m Höhe, einem Rotordurchmesser von 138.25 m. Mit den beiden Anlagen neuster Technologie lassen sich jedes Jahr ca. 17.2 Mio. kWh erneuerbare elektrische Energie produzieren, was dem Stromverbrauch von etwa 3'800 4-Zimmer-Wohnungen mit Elektroherd und Elektroboiler entspricht. Dass in der Schweiz rund 2/3 der Windenergieproduktion im Winter anfällt, macht die Nutzung des Windenergiepotenzials besonders wichtig.
Auskünfte
Dr. Valentin Gerig, Verwaltungsrat Appenzeller Wind AG
info@appenzellerwind.ch │ Mobile 079 671 16 12
Newsmeldung 8. Mai 2023
Bund genehmigt definitive Festsetzung der Honegg als Windenergiegebiet – der Nutzungsplan wird eingereicht.
Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat am 20. April 2023 der definitiven Festsetzung des Gebiets Honegg/Oberfeld im kantonalen Richtplan als Windenergiegebiet zugestimmt. Damit ist ein weiterer Meilenstein erreicht, damit das Windenergiepotenzial im Oberfeld genutzt werden kann. Bemerkenswert am Entscheid des UVEK ist, dass es den Kanton Appenzeller I.Rh. beauftragt, die von ihm bezeichneten potenziellen Windenergiegebiete nach erfolgter räumlicher Abstimmung als definitive Windenergiegebiete festzusetzen. Der Kanton soll also nicht einfach zuwarten, bis ein Projektant eine Machbarkeitsstudie erstellt, wie dies noch im Fall des Windparks Honegg/Oberfeld der Fall war. Der Kanton muss die Raumplanung und definitive Festsetzung weiterer Windenergiegebiete von sich aus vorwärtstreiben.
Die Appenzeller Wind AG freut sich, dass mit dem Entscheid des UVEK ein weiterer wichtiger Meilenstein zur Nutzung des Windenergiepotenzials auf der Honegg erreicht werden konnte. Zeitverzugslos werden deshalb diese Woche noch die in den letzten Monaten erarbeiteten Grundlagen für den kantonalen Nutzungsplan und die Umweltverträglichkeitsprüfung des Windenergieprojekts dem Kanton zur Vorprüfung eingereicht.
Die Appenzeller Wind AG geht davon aus, dass die zuständigen Behörden - vorbehältlich irgendwelcher Einsprachen zum Nutzungsplan oder zur Baubewilligung – bis Juni 2024 eine rechtskräftige Baubewilligung erteilen können. Allfällige Einsprachen dürften das Projekt, dessen Strom zur Versorgung der Bevölkerung dringend benötigt wird, aber um 3-5 Jahre verzögern.
Appenzell 24 am 4.Mai 2023:
Bund genehmigt Richtplananpassung für die Honegg
Bund genehmigt Richtplananpassung für Honegg - appenzell24.ch
Am 14.April wurden die Mitglieder an der 15.Generalversammlung der IG Appenzeller Naturstrom
über den aktuellen Stand des Projektes informiert.
Medienmitteilung 24. Oktober 2022
Grosser Rat von Appenzell Innerrhoden setzt Oberfeld definitiv als Windenergiezone im kantonalen Richtplan fest
Am 24. Oktober setzte der Grosse Rat das Projektgebiet im Oberfeld (Bezirk Oberegg) nach einer ausführlichen Interessenabwägung in zweiter Lesung definitiv als Windenergiegebiet im kantonalen Richtplan fest. Dies ist ein wichtiger Schritt für die Realisierung der von der Appenzeller Wind AG geplanten zwei Windenergieanlagen.
Die Appenzeller Wind AG plant im Oberfeld zwei Windenergieanlagen neuster Technologie mit je 4.26 MW elektrischer Leistung. Damit können brutto weit mehr als 20 Millionen kWh elektrische Energie erzeugt werden, was für die Versorgung von rund 4'400 Haushaltungen reicht.
Die Appenzeller Wind AG freut sich über den Entscheid des Grossen Rates sehr. Dieser vollzieht nun den an der Abstimmung vom 9. Mai 2021 klar geäusserten Volkswillen und ist eine wichtige Voraussetzung, dass das im Oberfeld gemessene Windenergiepotenzial genutzt werden kann. Es steht zwar noch die Zustimmung des Bundesrates zur Richtplanänderung aus, das hält die Projektanten aber nicht davon ab, die Planungsarbeiten nun zügig voranzutreiben.
Seit Projektbeginn hat es bis zum heutigen Entscheid mehr als 8 Jahre gedauert, was vor allem auf die zögerliche Haltung der Standeskommission zurückzuführen ist, den Wert der Windkraft anzuerkennen. In Anbetracht der Gefährdung der Stromversorgung in der Schweiz wird der Zubau neuer, umweltschonender Kapazitäten zur Stromproduktion im Inland (auch von Windenergieanlagen) nun aber auch von den politischen Entscheidungsträgern höher gewichtet. Lieber spät als nie!
Dass Strommangel in der Schweiz einmal ein Thema sein wird, hat Axpo schon vor mehr als 15 Jahren erkannt. Nur wurde der von ihr geprägte Begriff der «Stromlücke» bald als «Denklücke» verunglimpft. Wirkungsvolle Massnahmen zur Sicherung der Stromversorgung wurden in der Folge weder von der Politik noch von den Unternehmen der Energiewirtschaft ergriffen. Die beiden geplanten Windenergieanlagen im Oberfeld könnten schon lange laufen und Strom produzieren und ihren Beitrag zur Deckung des Bedarfs im nächsten Winter leisten. Die geltenden Vorschriften zu den Planungs- und Genehmigungsverfahren solcher Projekte sind aber äusserst verzögernd und behindernd und bedeuten für initiative Investoren ein ausserordentlich grosses Risiko. Trotz der aktuell hörbaren guten Ideen zahlreicher Politiker betreffend Verfahrensbeschleunigung ist hier leider Skepsis angebracht. Das Projekt im Oberfeld wird auf alle Fälle noch die bisher geltenden Verfahren und Genehmigungsschritte durchlaufen müssen. Diese geben den wenigen Projektgegnern noch zweimal die Gelegenheit, die Realisierung des Projekts vom Bundesgericht entscheiden zu lassen. Solche Verfahren würden die Realisierung der notwendigen Energieanlagen weitere Jahre verzögern.
Die Appenzeller Wind AG freut sich auch über die neu zustimmende Haltung der ausserrhodischen Regierung zur Windenergie. Sollten sich hier Investitionsmöglichkeiten bieten, werden wir diese prüfen und gegebenenfalls ergreifen. Auch weitere Projekte würden wir als Bürgerprojekte umsetzen wollen, weil wir davon überzeugt sind, dass die Bürger der Standortregionen so am meisten profitieren. Beim Projekt Oberegg dürfen wir heute auf die Treue von mehr als 100 Mitinvestoren in unser Projekt zählen.
Der Verwaltungsrat der Appenzeller Wind AG hat die Aufträge zur Erstellung des Nutzungsplanes und des Umweltverträglichkeitsbericht erteilt und geht davon aus, dass diese Unterlagen bis Ende März 2023, allenfalls gleich zusammen mit dem Baugesuch, den zuständigen Behörden eingereicht werden können.
Appenzeller Wind AG
Wiesstrasse 13
9413 Oberegg
«Irre Behauptungen der Gegner – und die richtigen Fakten dazu»
Windenergienutzung und Unesco Biosphäre gehen Hand in Hand
Ein Gespräch mit Roland Aregger, Geschäftsführer der WindPower AG
Herr Aregger, Sie sind sozusagen der Vater der Windenergienutzung im Entlebuch.
Warum haben Sie sich dafür eingesetzt?
Es gibt verschiedene Gründe: Einerseits bin ich auf einem Hof im Entlebuch aufgewachsen, der sehr stark auf die Milchwirtschaft ausgerichtet war. Wir suchten damals ein zweites Standbein. Da es bei uns im Winter immer sehr stark windet, war die Windenergienutzung naheliegend. Andererseits faszinierte mich die Windenergie-Technik und tut es immer noch. Meine zwei Brüder, mein Vater und ich haben dann ein Unternehmen gegründet, das 2005 und 2011 je eine Windenergieanlage errichtete und in Betrieb nahm. Einer meiner Brüder betreibt den Hof und ich bin für die technische und administrative Betriebsführung der Anlagen zuständig.
Gab es keinen Widerstand gegen die Anlagen?
Bei der ersten Anlage 2005 gab es schon Bedenken, dass die Anlage Lärm verursachen würde. Und es gab auch Bedenken bezüglich der Grösse, weil man sich die nicht vorstellen konnte. Wir haben aber mit allen Nachbarn gesprochen und sind mit den Interessierten und dem Gemeinderat auf den Mont Crosin gefahren, um uns die Anlagen dort anzuschauen. Die Gemeinde stand voll und ganz hinter unserem Projekt und das Wort des Gemeindepräsidenten, der auch dafür war, hatte Gewicht. Es gab negative Leserbriefe, aber die kamen nicht aus der Region. Für die zweite Anlage, die wir 2011 installiert haben, brauchten wir nur noch eine Baubewilligung. Das war kein Problem, auch weil die Menschen die Technik nun kannten. Auch die CKW, die 2013 eine Anlage aufstellte, stiess nicht auf grossen Widerstand.
Produzieren die Anlagen so viel Strom, wie prognostiziert wurde?
Bei der ersten Anlage waren die Prognoserechnungen noch nicht so genau. Ausserdem konnten wir sie nicht genau dort bauen, wo wir wollten. Sie produziert leicht weniger als prognostiziert, aber nicht weniger verlässlich. Die zweite Anlage produziert genauso viel wie wir errechnet hatten. Inzwischen können die Prognosen sehr viel genauer erstellt werden.
Das Entlebuch ist sehr landwirtschaftlich geprägt. Inwieweit schränken die Windenergieanlagen die landwirtschaftliche Nutzung ein?
Überhaupt nicht, denn der Flächenbedarf im Vergleich zur Stromproduktion ist minim und es gibt keine Einschränkungen. Und die Anlagen generieren auch lokale Wertschöpfung: Der Grundeigentümer erhält einen Baurechtszins, die Gemeinde Steuereinnahmen auf dem Stromverkauf und wir beteiligen uns am Strassenunterhalt der Strassenbaugenossenschaft, was die anderen Genossenschafter entlastet. Unsere Anlagen entziehen der Landwirtschaft rund 150 m2 Landfläche pro Anlage, moderne Anlagen gegen 1500 m2, das ist sehr wenig bezogen auf den Stromertrag.
Unesco Biosphäre Entlebuch und Windenergienutzung – ist das nicht ein Widerspruch?
Die Unesco-Vetreter stufen die Windenergienutzung als nachhaltig ein, weil die Anlagen rückgebaut werden können. Das Land, aber auch das Landschaftsbild werden nur für rund 20 Jahre verändert und können jederzeit wieder in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden. Und gebaut wird in den Entwicklungszonen, in denen neben der landwirtschaftlichen Nutzung auch eine nachhaltige Entwicklung vorgesehen ist. Die Schutz- und Kernzonen der Biosphäre bleiben unverändert.
Wäre nicht Solarstrom die bessere Lösung?
Auf den richtigen Mix kommt es an! Unsere Anlagen liefern rund zwei Drittel der gesamten Produktion im Winter und bei schlechtem Wetter, damit ergänzen sie die Solarstromanlagen bestens. Wir sollten die erneuerbaren Energien nicht gegeneinander ausspielen, denn im Verbund sind Wind-, Solar-, Wasserenergie und Biomasse unschlagbar.
Die älteste Anlage ist ja bereits 15 Jahre alt. In fünf Jahren ist sie am Ende ihrer Lebenserwartung angelangt, wie geht es dann mit
der Windenergienutzung im Entlebuch weiter?
Wie zuverlässig die Windenergietechnik ist zeigt unsere 15-jährige Anlage: Sie weist eine Verfügbarkeit von 99 % auf, das ist ein Spitzenwert. Sprich, wenn es windet, produziert sie zu 99 % störungsfrei Strom. Vom Hersteller garantiert sind 95%. Da unsere Anlagen noch in einem so guten Zustand sind, gehe ich davon aus, dass sie bis zu 30 Jahre lang Strom produzieren können. Natürlich mache ich mir Gedanken, was danach kommt. Aber angesichts dessen, dass die Anlagen noch lange Strom produzieren werden und da es in der Region noch ein weiteres Windenergieprojekt gibt, hat diese Frage noch keine Priorität.
„Die Unesco-Vetreter stufen die Windenergienutzung als nachhaltig ein, weil die Anlagen rückgebaut werden können.“ Roland Aregger
„Unsere Anlagen liefern rund zwei Drittel der gesamten Produktion im Winter und bei schlechtem Wetter, damit ergänzen sie die Solarstromanlagen bestens.“
Was im Kanton Appenzell Innerrhoden diskutiert wird, funktioniert in Andermatt und im Entlebuch seit über 15 Jahren problemlos.
Was im Kanton Appenzell I. Rh. noch hohe Wellen schlägt, ist in Andermatt und im Entlebuch unbestritten: die Nutzung der Windenergie zur Stromproduktion. Auf dem Gütsch oberhalb Andermatt stehen vier Windenergieanlagen unmittelbar bei den Bergbahnen, die erste ging 2004 in Betrieb. Nur ein Jahr später nahm in der Unesco-Biosphäre Entlebuch die erste Windenergieanlage die Stromproduktion auf, inzwischen sind es drei.
Ein Gespräch mit Markus Russi, Geschäftsführer des EW Ursern,
über die Erfahrung mit der Windenergienutzung.
Markus Russi, es wird doch oft gesagt, die Schweiz sei kein Windenergieland. Warum kam das EW Ursern auf die Idee,
auf dem Gütsch Windenergieanlagen zu bauen?
Weil der Wind dort heftig bläst! Natürlich gab es dafür Messungen, aber jedes Kind aus dem Urserntal weiss, wie windig es dort oben ist. Und wenn der Wind schon da ist, da muss man ihn doch nutzen! Danach weht er erst noch munter weiter. Hinzu kommt, dass wir für die Nutzung des Wassers Wasserzinsen bezahlen, den Wind können wir dagegen gratis nutzen. Das EW Ursern war 1902 Pionierin mit dem Bau eines Wasserkraftwerks, und wir wollten mit dem Bau der ersten Windenergieanlage wieder Geschichte schreiben. Zu sagen, dass die Schweiz kein Windland ist, ist falsch. Der bläst ja überall, und selbst auf dem Gütsch, wo er sehr turbulent ist, nutzen wir ihn zur Stromerzeugung. Daher haben wir nach dem Bau der ersten Anlage im Jahr 2004 zwei weitere im Jahr 2010 und dann 2012 die vorläufig letzte gebaut.
Erfüllen die Anlagen Ihre Produktionserwartungen?
Sie erfüllen sie absolut. Wie bei der Wasserkraft gibt es natürlich bessere und schlechtere Jahre. 2019 erzielte unsere älteste Anlage wie auch alle
anderen eine Rekordproduktion! Bei der Wasserkraft hängt die Produktion von den Niederschlägen und von der Schneeschmelze ab. Es gibt Jahre, da verdunsten 80 % der Schneeschmelze und wir
haben in unseren Wasserkraftwerken nichts davon. Regnet es in den Schnee, gibt es viel Strom, regnet es zu viel, können wir nicht alles Wasser turbinieren.
Könnte dieser Strom nicht auch mit Solarenergie bereitgestellt werden?
Es wäre sicher
möglich, einen Teil davon mit Solaranlagen auf Hausdächern zu produzieren. Aber um die gesamte Strommenge der vier Windenergieanlagen mit Solarmodulen zu
produzieren, bräuchte es die Fläche von unzähligen Fussballfeldern. Und noch wichtiger: Neben dem äussert geringen Flächenverbrauch haben Windenergieanlagen einen weiteren Vorteil: Sie liefern
über zwei Drittel ihrer Produktion im Winter. Damit ergänzen sie unsere vier Wasserkraftwerke, die im Winterhalbjahr weniger Strom liefern, ideal und erhöhen unseren
Selbstversorgungsgrad.
Die vier Anlagen befinden sich auf über 2300 Meter über Meer, sind sie damit nicht sehr störungsanfällig?
Wenn man die Windenergieanlagen sorgfältig auswählt, ist das kein Problem. Unsere Anlagen weisen in all den Jahren eine Verfügbarkeit von mindestens 98 % und mehr auf. Das heisst, wenn der Wind bläst, produzieren sie garantiert Strom.
Die Investitionen in die Anlagen sind hoch. Welche Energieversorger aus dem Unterland sind daran beteiligt?
Das EW Ursern ist alleiniger Eigentümer der Anlagen und hat sie auch selber finanziert. Unabhängigkeit wird bei uns gross geschrieben. Somit gehört der Strom auch alleine uns.
In Andermatt wurde sehr viel gebaut: Das neue Ressort bietet Platz für Tausende Gäste aus der ganzen Welt. Die freuen sich sicher nicht über die Windenergieanlagen. Droht jetzt ein Rückbau der Anlagen?
Ganz im Gegenteil, die Anlagen sind sehr beliebt bei den Gästen, sie freuen sich, wenn die Bergbahnen mit Windenergie laufen. Das Tourismusbüro bietet Führungen zu den Windenergieanlagen an, Gäste aus der ganzen Welt informieren sich bei uns, weil ihnen die Anlagen gefallen und sie mehr über die Technik erfahren möchten.
Was ist Ihre Botschaft an andere Regionen der Schweiz, die Windenergieanlagen
planen?
Nutzt diesen Wind, er steht kostenlos zu Verfügung! Es ist erneuerbarer Strom. Die Anlagen brauchen sehr wenig Platz und können praktisch zu 100 % wiederverwertet werden.
Produzieren wir Windstrom, um den Generationen nach uns eine möglichst intakte Welt zu hinterlassen. Bei den Punkten CO2-Ausstoss und Umweltbilanz befindet sich die Windenergie auf Augenhöhe mit
der Wasserkraft.
„Das Projektgebiet für die Windenergieanlagen liegt innerhalb eines Hochwildjagdgebietes. Wildruhezonen oder Jagdbanngebiete sind keine betroffen. Die Patentjäger von Oberegg unterstützen die Produktion erneuerbarer Energie in der Region und sehen mit Wohlwollen auf das Projekt der Appenzeller Wind AG im Oberfeld."
Patentjäger von Oberegg